Clara Kirchner (1901-1986)
„Die Nächstenliebe war ihr Lebensinhalt“ sagte Landrat Georg Bührmann, als er Clara Kirchner am 25. Juli 1977 als der ersten Frau im Landkreis Cloppenburg das Bundesverdienstkreuz überreichte.
In seinem Antrag, den der Oberstudiendirektor a. D. Hermann Bitter am 31. Dezember 1976 an den Präsidenten des Niedersächsischen Verwaltungsbezirks Oldenburg schickte, begründete er die Auszeichnung wie folgt: „Frau Clara Kirchner hat Jahrzehnte hindurch im Sinne uneigennütziger Menschlichkeit gearbeitet. Ihre Arbeit vollzog und vollzieht sich in unauffälliger Stille, ohne Aufsehen zu erregen, ohne Dank zu beanspruchen, unbemerkt von der Öffentlichkeit, wirkt aber in viele öffentliche Bereiche hinein“.
Clara Quatmann kam am 23. Januar 1901 auf dem Hof Darrenkamp in der Gemeinde Cappeln als ältestes von zehn Kindern des Bauern Georg Quatmann und seiner Ehefrau Hedwig geborene Meyer zu Holte zur Welt. Sie heiratete 1926 den aus dem Eichsfeld stammenden Studienrat Hieronymus Kirchner, der am Cloppenburger Realgymnasium seit 1921 Mathematik, Physik und Chemie unterrichtete. Schon 1934, nach erst achtjähriger Ehe, starb dieser an einer Mittelohrentzündung und ließ seine Frau mit fünf unmündigen Kindern zurück.
Nach diesem Schicksalsschlag wandte sich Clara Kirchner bei vorbildlicher Betreuung ihrer Kinder sozialen Aufgaben zu. Bereits seit den 1920er Jahren engagierte sie sich als Schriftführerin in der Ortsgruppe Cloppenburg des Katholischen Deutschen Frauenbundes, den ihre Tante Maria Meyer-Holzgräfe leitete. Als in Oldenburg 1936 die Kreuze aus den Schulen entfernt werden sollten, zählte Clara Kirchner zu den ersten, die ihre Unterschrift unter ein Protestschreiben des Cloppenburger Frauenbundes setzte. In besonderer Weise setzte sie sich im Rahmen ihrer Vereinstätigkeit für die Betreuung alter Menschen in Form von Altenkaffees und die Vermittlung von Kontakten zwischen den Menschen ein. Für ihr großes Engagement verlieh ihr der Katholische Frauenbund im November 1969 die silberne Ehrennadel.
Clara Kirchner setzte sich allgemein hartnäckig und mit großer Energie in Organisationen und als Einzelkämpferin für Menschenrechte und die Interessen von schwachen und benachteiligten Menschen ein. Sie engagierte sich in der „Aktion Lebensrecht für Alle“ und sammelte – unermüdlich mit dem Fahrrad von Haus zu Haus unterwegs – Tausende von Unterschriften für die Rettung ungeborener Kinder.
In der „Gesellschaft für Menschenrechte“ führte sie eine Unterschriftenaktion zugunsten politisch Verfolgter in kommunistischen Diktaturen durch. Sie warb 200.000 DM für das Lepra-Werk des Holländers Anton Diepen ein und beschaffte Wäsche für Leprakranke, unterstützte farbige Studenten, die sie auch als Gäste in ihr Haus einlud, um so einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten und förderte die Priesterausbildung in der Dritten Welt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges trat sie der neu gegründeten CDU bei, um christliche Werte beim politischen Wiederaufbau Deutschlands zur Geltung zu bringen.
85– jährig starb Clara Kirchner am 14. Dezember 1986. Die Münsterländische Tageszeitung würdigte die Verstorbene in einem Nachruf: Clara Kirchner „entwickelte sich zu einer Art ‚grauer Eminenz’ im wohlverstandenen Sinne. Ihre stetige Bereitschaft zur Tätigkeit im kirchlich-sozialen Bereich war nahezu beispiellos.“
Text: Klaus Deux. Bild: Archiv Klaus Deux
Quelle: Robert Berges Senior. In: Anna Maria Zumholz, Michael Hirschfeld und Klaus Deux (Hg.): Biographien und Bilder aus 575 Jahren Cloppenburger Stadtgeschichte. Münster: Aschendorff Verlag, S. 300–302.