St. Andreas Katholische Kirchengemeinde Cloppenburg

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Prälat Franz Morthorst (1894–1970)

„Nicht bloß ein Heimatpastor“

Zu Beginn des Nachrufes, den Hermann Bitter, Cloppenburg, 1971 im Jahrbuch des Oldenburger Münsterlandes verfasste, heißt es über Franz Morthorst treffend: „Mit ihm ist ein Mensch von seltenen Gaben des Herzens und des Geistes heimgegangen. Er sprach die Sprache der Heimat wie kaum ein anderer, war Kenner und Künder der Schönheit ihrer Landschaft und der Geheimnisse der Natur, liebte ihre Menschen und wusste ihr Wesen zu deuten.“

Trotz seines reichen theologischen Wissens und des ihm verliehenen Prälaten-Titels blieb Franz Morthorst bis zu seinem Lebensende der einfache Seelsorger in der Gemeinde St. Andreas. Seine allzeit frohe Geselligkeit, sein gütiger Humor und seine treffliche Art, sich seinen Landsleuten bei kirchlichen und weltlichen Anlässen in urwüchsigem Plattdeutsch mitzuteilen, trugen ihm den ehrenvollen Beinamen „Heimatpastor“ ein. Durch sein unnachgiebiges und kämpferisches Eintreten für die Kirche und für den Glauben nach christlichen Grundsätzen, besonders in der Nazizeit, wurde er weit über die Grenzen Südoldenburgs hinaus bekannt und geachtet.

Franz Morthorst wurde am 13. Dezember 1894 in Goldenstedt geboren und besuchte nach der Volksschulzeit das Gymnasium in Vechta. Nach dem Theologiestudium an der Universität Münster, das durch die Wehrdienstzeit im Ersten Weltkrieg unterbrochen wurde, empfing er Weihnachten 1920 die Priesterweihe im Hohen Dom zu Münster. Seine erste Stelle als Vikar bekam er an St. Marien in Delmenhorst (1921-1925). Um hier, wo viele Familien aus Polen Arbeit gefunden hatten, besser seelsorglich wirken zu können, erlernte er die polnische Sprache.

Dann kam er als Vikar nach Vechta, wo er bis zum Jahre 1936 tätig war. Von 1925 bis 1933, in einer politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeit, war er sogar Hauptschriftleiter (Chefredakteur) der Oldenburgischen Volkszeitung. Da er die Nationalsozialisten und ihr Denken immer wieder scharf kritisierte, wurde die OV für einige Tage verboten und Morthorst musste auf Druck der Oldenburger NS-Regierung das Amt als Hauptschriftleiter bei der OV niederlegen. Aber er gab nicht klein bei und blieb auch weiterhin und immer wieder bei seiner Kritik an die Nazis.

Im Sommer 1935 wurde am Vechtaer Gesellenhaus ein Plakat mit diffamierenden Hetzparolen gegen Kolpingmitglieder angebracht und von SA-Männern bewacht. Als Vikar Morthorst das bemerkte, riss er das Plakat ab, wobei er seiner Empörung über solche Verleumdungen mit deutlichen Worten Nachdruck verlieh. Daraufhin wurde er ohne vorherige Gerichtsverhandlung für drei Wochen ins Vechtaer Gefängnis eingeliefert. Dort verfasste er über das Leben hinter Gittern das humorvolle Gedicht „Ein Tag bei Vater Philipp“.

Von 1936 bis 1938 war Franz Morthorst als Vikar in Visbek. Weil er in seinen Predigten mutig Stellung nahm gegen die im Zusammenhang mit dem „Schulkampf“ erfolgte Verhaftung angesehener Bürger, wurde er von der Gestapo verhört. Dazu sagte er unter anderem: „Wer heute seine Predigten nach den Wünschen der Gestapo ausrichtet, kommt zwar nicht ins Gefängnis, aber auch nicht in den Himmel.“ So wurde er ausgewiesen und kam als Kaplan an die Kirche St. Laurentius in Warendorf.

Im März 1946 kam Franz Morthorst dann wieder zurück in seine Heimat nach Südoldenburg und wurde Kaplan an St. Andreas in Cloppenburg. Er engagierte sich vor allem in der katholischen Arbeiterbewegung, in den Kolpingfamilien und im Katholischen Arbeitnehmer-Bund. Wegen seiner Verdienste und Fähigkeiten wurde er 1956 zum Päpstlichen Geheimkämmerer (Prälat) und 1958 zum Synodalexaminator ernannt. In Cloppenburg war er fast 25 Jahre lang segensreich tätig. Und so verstand er sich als Seelsorger im vollen und eigentlichen Sinne, immer dicht bei den Menschen mit ihren Sorgen und Nöten.

Seine Beobachtungen, Begegnungen und Erfahrungen hat er in Lyrik und Prosa niedergeschrieben. Dabei bediente er sich hauptsächlich der plattdeutschen Sprache. Er war es auch, der im Oldenburger Münsterland als erster Geistlicher plattdeutsche Gottesdienste mit eindrucksvollen Predigten gestaltete. Über 15 Jahre hat er im Rundfunk mit seinen plattdeutschen Morgenansprachen den Weg zu den Herzen seiner Mitmenschen gefunden. Viele seiner Erzählungen und Gedichte erschienen auch in „Kirche und Leben“, den Tageszeitungen, Festschriften und Jahreskalendern. In seinem theologischen Denken war er geprägt durch Augustinus und John Henry Newman sowie durch die katholische Soziallehre seit Ketteler.

Am 6. Juli 1970 verstarb er nach längerer Krankheit in Cloppenburg. Hermann Wegmann, Chefredakteur der OV, schreibt in seinem Nachruf: „es war nicht persönlicher Ehrgeiz und Machtgelüst, es war auch kein Streben nach Einfluss in der oder mit der Kirche, was Franz Morthorst trieb, in Fragen der Politik sein Wort zu sagen. Er hatte den Menschen im Auge, nicht kirchliche Machtstrukturen. Und im Interesse des Menschen kämpfte er für Wahrheit, Recht und Freiheit, wie es dem Wahlspruch des „Zentrums“ entsprach, mit dem er sich dem heraufziehenden Nationalsozialismus widersetzte.

Text: Klaus Deux. Bild: Archiv Klaus Deux

Quelle: Heinrich Siefer. In: Anna Maria Zumholz, Michael Hirschfeld und Klaus Deux (Hg.): Biographien und Bilder aus 575 Jahren Cloppenburger Stadtgeschichte. Münster: Aschendorff Verlag, S. 435-439.