St. Andreas Katholische Kirchengemeinde Cloppenburg

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Willenbrink, Elisabeth (1931-2014) „Paletten-Ella“

Den Drahtesel voll bepackt bis obenhin. Und links und rechts Plastiktüten von Mode City, Aldi oder sonst wo. Ein alter Eimer auf dem Rücksitz, weggeworfene Bretter und Bohlen, Verpackungsmaterial aller Art. Und mittendrin auf ihrem Rad: Ella, die Königin der Abfallverwertungsgesellschaft, prustend und pustend immer nach vorne, pausbäckig ,rotwangig und mit kessem herausforderndem Blick.

So war sie, ein unvergessener Teil des Stadtbildes. Man nannte sie „Paletten-Ella“, aber sie sammelte alles, was nicht niet- und nagelfest war. Sie las es auf am Wegesrand, in den Vorgärten, auf Parkplätzen oder im Wald. Vor ihr war kein weggeworfener Gegenstand sicher. Sie lud es auf ihr Fahrrad, stopfte es notfalls unter den dicken Mantel und transportierte es kilometerweit in ihr Haus wie der Vogel in ein Nest.

Ellas Nest lag vor den Toren der Stadt an der Resthauser Straße, einst ein Hof, jetzt Behausung von dem größten weiblichen Original der Stadt. Heruntergekommen war das Gelände und zuletzt eine Gefahr für sich und andere. Jahrelang hatte sie auf dem Grundstück haufenweise Holz, Metall und Unrat gestapelt. Alles auf ihren Touren per Fahrrad gesammelt.

Dann griffen die Ordnungsbehörden ein. Der Hof wurde vom gesamten Sperrmüll geräumt.- 1200 Kubikmeter kamen dabei zusammen. Zehn Männer waren mehrere Tage damit beschäftigt, das gesammelte Werk zu sortieren und zu entsorgen. So etwas habe man noch nicht gesehen, sollen die Arbeiter erklärt haben, die seit Jahren in dem Geschäft tätig waren. Im Haus befanden sich noch weitere hunderte Kubikmeter Gesammeltes.

Paletten-Ella wehrte sich mit Händen und Füßen, besetzte die Container und holte ihr Hab und Gut wieder heraus. Es brauchte polizeiliche Hilfe, um den behördlichen Auftrag durchzusetzen.

Man erzählt sich, daß der Bäcker Bröring, der vor der damaligen Kaufhalle in der Fußgängerzone einen Stand betrieb, nach Feierabend den Restbestand an Brot und Backwaren zu Ella brachte.

Sie war beliebt und geachtet und manchmal auch gefürchtet. Wer ihr zu nah kam und möglichweise helfend ein Sammelstück berührte, der nahm vor ihren fauchenden Krallen schnell Reißaus.

Der Heimatmaler Heinz Kramer- Hinte hat sie in Öl verewigt, wie sie auf dem vollbepackten Fahrrad sitzt, mit Mütze und bekannter bunter Jacke. Das Bild hängt im Seniorenheim St. Pius Stift im Eingangsbereich. Paletten-Ella, wie sie leibt und lebte.

Text: Otto Höffmann