Schon vor der Kirche wurden sie von Ordnern begrüßt und auf die Sitzordnung hingewiesen. „Bitte setzen Sie sich nur dorthin, wo grüne Karten liegen. Und halten Sie drei Plätze Abstand zum Nachbarn bzw. zum nächsten Haushalt“, hieß es. Für Personen aus einem Haushalt gilt die Abstandsregelung nicht, die Zahl der tatsächlich verfügbaren Plätze liegt daher etwas höher als die der Sitzpositionen. Im Eingangsbereich der Kirche kam keiner an dem Desinfektionsmittelspender für die Hände vorbei. Das Weihwasserbecken war leer, Gesangbücher lagen keine aus.
„Auf den Gesang werden wir verzichten“, sagte Pfarrer Bernd Strickmann in seiner Begrüßung. Luftbläschen mit dem Virus könnten beim Singen bis zum vier Meter weit getragen werden, mahnte er. Dem Orgelspiel von Nikolas Bäumer mussten die Gläubigen still folgen. Neben dem fehlenden Gesang und Weihwasser, den fehlenden Messdienern und der eingeschränkten Platzzahl gibt es weitere Neuerungen, erklärte Strickmann. So sollten die Gläubigen bei der Kommunion einzeln nach vorne kommen und beide Arme weit ausstrecken. „Auf Spuckschutzwände wollen wir aber verzichten“, betonte er. Zum Einlass werde nur der Haupteingang geöffnet und die Kirche werde geschlossen, wenn alle verfügbaren Plätze belegt seien. Während der Messe würden die Seitentüren als Fluchtmöglichkeiten geöffnet. „Beim Friedensgruß können Sie sich freundlich zunicken, aber nicht die Hand geben.“ Nicht ausgeteilt werden die Kollektenkörbe. Sie stehen bei den Ausgängen, wobei Strickmann dafür warb, sie zu füllen. Besonders die kirchlichen Hilfswerke wie Adveniat, Missio und Misereor würden momentan darunter leiden, dass ihre bundesweiten Kollekten ausfallen.
Die Regeln gelten in Zukunft auch für Hochzeiten, Ehejubiläen, Kommunionfeiern, Firmungen oder Beerdigungen, sagte Strickmann. „Wir werden uns wohl daran gewöhnen müssen, Gottesdienste so zu feiern. Es wird so lange dauern, bis es einen Impfstoff gegen das Corona-Virus gibt.“ Online-Gottesdienstübertragungen werde es auch in Zukunft geben. Optische und akustische Probleme bei der Übertragung aus St. Andreas seien inzwischen behoben.
In seiner Predigt sprach Strickmann von Mut und Auferstehung. „So eine Situation hatten wir noch nie“, sagte er. „Wo ist denn jetzt ein Weg, der tragfähig ist?“ Auf den Plätzen lagen neben den grünen Platzkarten mit dem Aufdruck “Herzlich willkommen“ auch Postkarten mit dem Bild der St. Andreas Kirche und einem Segensspruch: „Gott sei vor Dir, um Dich auf Deinem Weg zu begleiten. Er sei in Dir, um Dir Freiheit zu schenken. Er sei hinter Dir, um Dir den Rücken zu stärken.“ Strickmann forderte die Gläubigen auf, die Karten mitzunehmen und sie weiter zu geben.
Die letzte Neuerung kam nach dem Gottesdienst. Der beliebte Plausch auf dem Kirchplatz musste entfallen. „Das verstößt gegen das Infektionsschutzgesetz“, machte Strickmann klar. Und dennoch: Die Gläubigen werden wiederkommen, die Sehnsucht nach gemeinsamen Messfeiern ist groß.
Ludger Heuer